Die zwei letzten Monate

Die zwei letzten Monate und der Abschied

Lumelang,

Nun musste man sehr lange auf diesen Blogeintrag warten. Dafür wollen wir uns zuerst einmal entschuldigen. Leider war es uns bis heute nicht möglich, euch von unseren Erlebnissen zu berichten. Nun wollen wir dies aber in aller Ausführlichkeit ein letztes mal tun.
Zunächst einmal zum Mai.

Mitte des Monats haben wir Besuch von unseren Eltern bekommen. Sie sind für 10 Tage bei uns gewesen und wir hatten eine sehr tolle Zeit. Zum einen hatten sie die Möglichkeit unseren Alltag mitzuerleben, unsere Freunde kennen zu lernen, aber zum anderen haben wir gemeinsam auch Lesotho und Südafrika bereist. Auf den Reisen durchs Land haben wir den „ Royal Natal Nationalpark“, „Malealea“, „Thaba Bosiu“ und den „Semonkong Wasserfall“ (einer der schönsten im südlichen Afrika) besucht. Für uns war das Reisen eine schöne Abwechslung und hat uns wieder einmal gezeigt, was für schöne Länder Lesotho und Südafrika sind.

Unsere Eltern hatten die Chance die Schule, die Kinder, die Lehrer und auch viele Bekannte von uns kennen zu lernen. So haben sie einen tollen Einblick bekommen, was für AG’s wir anbieten, welche Fächer wir unterrichten und natürlich auch was es heißt, in Lesotho zu leben. Auch war es für sie beruhigend zu sehen, dass es uns in Lesotho gut geht und wir eine tolle Zeit erleben

Nach 10 Tagen war der Aufenthalt dann schon viel zu schnell wieder vorbei und wir sind alle zu unserem Alltag zurückgekehrt. Im Vorhinein hatten unsere Eltern, bei Freunden und Kollegen Spenden gesammelt, damit die Spielplätze an der Kingsgate Primary School renoviert werden konnten. Mit Hilfe dieser Spenden, wurde ein neues Klettergerüst gebaut und viele Schaukeln erneuert.

Projekte

Die letzten zwei Monate waren ansonsten sehr ausgebucht mit Aktivitäten. Es gab sehr viel zu organisieren und fertigzustellen.

Zunächst haben wir Anfang Juni für unsere Mädchen Fußballmannschaft ein Abschlussturnier veranstaltet. Hierfür haben wir mehrere andere Fußballmannschaften aus der Region eingeladen. Es wurde ein sehr schönes Turnier, bei dem man sehen konnte wie viel Potential in den Mädchen steckt und wie viel Spaß sie in der Mannschaft haben. Es gab spannenden Spiele, hartnäckige Zweikämpfe und sehr viele tolle Tore. Gerade da es ein Mädchenturnier dieser Art in Mafeteng noch nie zuvor gegeben hat, waren wir am Ende des Tages sehr glücklich und stolz, die Süßigkeiten, Urkunden und natürlich den Pokal überreichen zu dürfen. Leider haben unsere Mädels nicht gewonnen sondern den guten 5. und 6. Platz belegt. Dies tat jedoch ihrer guten Laune keinen Abbruch, denn sie wussten, dass sie stolz auf das sein können was sie in nur 4 Monaten gelernt haben und die anderen ja auch schon viel länger Fußball spielen. Unser Ziel des Turnieres war es besonders den Mädchen der Kingsgate Primary School die Möglichkeit zu geben ihre neu entdeckte Leidenschaft für Fußball auch nach unserer Abreise weiterzuführen. Außerdem wollten wir den Eltern, Freunden und Bekannten der Mädchen die Chance geben, zu sehen welche Fortschritte die Mädchen am Ball, aber auch in ihrem Selbstbewusstsein gemacht haben. Viele überlegen sich nun einem anderen Team beizutreten, mit dem sie mehrmals die Woche trainieren können, bzw. überregionale Turniere spielen können. Auch die Trainer der anderen Teams sind nun sehr an einer Kooperation zwischen allen Mädchenmannschaften interessiert und planen weitere Turniere.

Auch von unseren anderen Projekten stand natürlich der Abschied an. Am schwierigsten zeigte sich hierbei die Bücherei. Schon zwei Wochen vor dem letzten Schultag liehen wir keine Bücher mehr aus, sondern sammelten nur noch Bücher ein. Dennoch gab es nach Abgabeschluss noch über 200 von uns vermisste Bücher. Somit verschickten wir Elternbriefe und sprachen freundliche Mahnungen aus. Dadurch trudelten in der letzten Woche noch viele Kinder mit Büchern ein. Trauriger Weise haben wir dennoch einen Verlust von 36 Büchern innerhalb der 5 Monate zu beklagen. Um den Schaden möglichst klein zu halten und die Achtsamkeit zu schulen, müssen die Eltern dieser Kinder nun einen symbolischen Beitrag von 2€ bezahlen, um die Anschaffung neuer Bücher zu ermöglichen. Insgesamt betrachtet muss man aber zugeben, dass 35 verlorene Bücher nicht mehr so viel erscheinen, wenn man sich überlegt, dass wir mehr als 12000 Bücher ausgeliehen haben. Rückblickend war die Bücherei zwar unsere spontanstes, aber wahrscheinlich weitreichendstes Projekt. So viele Kinder waren sorgsam mit den Büchern und haben sich im Verlauf der Zeit zu richtigen Leseratten entwickelt, die es kaum abwarten konnten bis endlich wieder Donnerstag oder Freitag war. Es war schön zu sehen, dass die Schüler mal von den Schulbüchern abschalten konnten und stattdessen in die Welt der „Wale und Delfine“ abgetaucht sind oder sich mit dem „Magischen Baumhaus“ auf Welt und Zeitreise begeben haben. Die strahlenden Augen der Schüler, wenn sie ein Buch bekamen, entschädigten für das Chaos welches sie in der Bücherei immer hinterließen und für die sehr stressigen Büchereitage.

Auch mussten wir natürlich die Sport AG beenden. Da es uns in den 5 Monaten leider nicht möglich war an einem Leichtathletikwettkampf zwischen den Schulen in Mafeteng teilzunehmen, veranstalteten wir am letzten Montag im Halbjahr einfach unseren eigenen. Zuerst gab einen Klassenwettkampf im Staffellauf, den wir zu Beginn den Schuljahrs immer wieder trainiert haben. Darauf folgte der 80m Sprint getrennt sowohl zwischen der 5. und 6. Klasse als auch den Mädchen und Jungs. Das Highlight war aber der Weitsprung. Hierfür haben wir drei Wochen zuvor gemeinsam eine Weitsprunganlage gebaut. Diesen Projekt wäre in Deutschland sehr kompliziert, in Lesotho dagegen ist es sehr einfach. Es wurde ein Bereich abgesteckt, dieser umgegraben und immer wieder aufgelockert, eine Anlaufbahn durch Hütchen markiert und ein Springseil als Absprunglinie platziert. So entstand eine erstaunlich taugliche Anlage, die sich auch nach einem kritischen Testsprung von mir als gut und sicher erwies. In den drei Wochen Training haben die Schülerinnen und Schüler erhebliche Fortschritte in der Technik gemacht, was sich beim Wettkampf dann auch zeigte. Als die Teilnehmer dann alle Stationen absolviert hatten, gab es noch eine Siegerehrung mit Süßigkeitenpreisen für die Gewinner, der einzelnen Sportarten. Zusammenfassend muss man sagen, dass der Sporttag sehr unkompliziert war und ca. die Hälfte der 5. und 6. Klässler teilgenommen haben und alle sehr viel Spaß hatten.

Die ersten Sprünge

Am zweitletzten Schultag stand dann auch unser letztes mal Deutsch AG an . Hier veranstalteten wir ein kleines Quiz mit allen Dingen die wir unterrichtet haben und eine Runde: „ Was Heißt eigentlich __________ in Deutsch?“. So konnnte jeder sein Lieblingswort in Deutsch lernen oder seinen Namen ins Deutsche übersetzen. Es ist für uns immer noch beeindruckend wie viel die Schüler in dieser kurzen Zeit gelernt haben. Nämlich, die alltäglichen Begrüßungen, Tage, Monate, Jahreszeiten, Zahlen, Farben, Fakten über Deutschland und Europa, Sich vorstellen und viele andere Vokabeln. Die deutsche Sprache ist die erste wirkliche Fremdsprache die den Kindern in ihrem Leben begegnet, da Englisch ja Amtssprache ist. Es war toll wie wissbegierig und fleißig alle waren ein bisschen etwas über das ferne Deutschland und Europa zu lernen.

So viel zu unseren Projekten.

Kleine Geschichten

Eine schockierende, aber auch witzige Geschichte hat sich in den zwei Monaten noch ereignet. Alle begann damit, dass wir eine Lehrerin über den Schulhof sprinten sahen. Dann stürmte auch mein Klassenlehrer aus dem Raum mit den Worten: „Anscheinend ist ein Baby ins Klo gefallen“. Clara und ich konnten mit dieser Aussage nicht allzu viel anfangen, so gingen wir auch Richtung Toilette. Die ganze Schule war in Aufruhr. Viele Lehrer und auch die Rektorin rannten herum und es wurde diskutiert. Die Stimmung war eine Mischung aus Verständnislosigkeit und auch Angst, weil niemand wusste was passiert, wenn ein Kind in ein solch tiefes Plumpsklo fällt. Nach ein paar Minuten stellte sich jedoch heraus, dass nichts passiert war. Lediglich ein Erstklässler hatte panisch zu einer Lehrerin gesagt, dass ein Baby ( Kindergartenkind) nicht mehr da ist und wahrscheinlich ins Klo geplumpst ist. Auch wenn Kinder eine große Fantasie haben, musste natürlich nachgeschaut werden, ob etwas passiert war. Als die Erleichterung einsetzte, haben alle herzlich gelacht und es wurde getestet ob nicht vielleicht doch das kleinste Kindergartenkind durch die Klobrille passt, was jedoch nicht zutraf.

Ein anderes Klischee, welches wir unbedingt noch aufdecken wollen ist, dass es in Lesotho nicht ganzjährig heiß und trocken ist. Natürlich denkt man bei Afrika, direkt an Wüste, Steppe und Trockenheit. Jedoch ist Lesotho ein Hochplateau, was dazu führt, dass es im Winter, also den letzten Monaten empfindlich kalt und trocken wurde. Wir sind nahezu jeden Tag mit Thermounterwäsche in die ungeheizte Schule und hatten für unsere Wohnung eine kleine Paraffin Heizung. Im Sommer dagegen ist es heiß und regnet es nahezu jeden Nachmittag.

Der Abschied

Dann stand auch schon der letzte Schultag vor den Winterferien und somit unser Abschied an. Natürlich bereitet man sich lange auf diesen Tag vor, ja fürchtet ihn sogar ein wenig. Wir hatten uns traditionelle Kleider im modernden Stil schneiden lassen und alle freuten sich sehr darüber, da wir nun zu 100% wie Basotho Frauen aussahen. Für unsere Klassen hatten wir Kuchen und Snacks dabei und veranstalteten im Klassenzimmer eine kleine Abschiedsparty. Dann wurden wir, bei der gemeinsamen Versammlung, von der ganzen Schule verabschiedet , bevor die Kinder vom Schulgelände und in die Ferien stürmten. Die Schulleiterin und einzelne Schüler aus unseren Klassen und AG´s hatten kleine Dankes-reden vorbereitet und trugen diese repräsentativ für ihre Klassenkameraden vor. Sie berichteten was sie alles mit uns erlebt haben und wie schön es war, dass wir da waren. Schon bei diesen lieben Worten kamen uns die Tränen und wir schafften es nur mit großer Beherrschung unsere eigene Dankesrede zu Ende zu bringen, bevor die ersten Tränen nicht nur bei uns sondern auch bei vielen Schülerinnen und Schülern kullerten. Richtig schlimm wurde es als wir den Kindern in unsere Klasse persönlich Tschüss sagten. Viele Mädchen und auch die doch so coolen Jungs weinten, als wäre es ein Abschied für immer.

Der Abschied von den Schülern war sehr traurig, aber am Ende brachten wir doch alle ein Lächeln zu Stande und freuten uns, dass wir einander kennen gelernt hatten.

Es folgte die offizielle Abschiedsfeier mit den Lehrern, bei der wir uns für die tolle Zeit und die Chance bedankten, an der Kingsgate Primary School arbeiten zu können. Gemeinsam aßen wir ein traditionelles Lesotho Gericht mit dem von uns mitgebrachten, typisch deutschen Nudelsalat. Als wundervolles Abschiedsgeschenk bekamen wir die traditionelle Baotho Decke und den Basotho Hut. In Kombination mit unsern Kleidern waren wir dann vollständig.

Doch das war noch nicht das Ende, denn am Samstag hatten wir noch Abschlusstraining mit den Fußballmädchen. Dieses war eigentlich als kleine Party geplant, doch die Mädchen waren todtraurig, dass es nun zu Ende war. Schlussendlich feierten wir dann jedoch die die gemeinsame Zeit mit Musik und Kuchen.

Im Verlauf der folgenden Woche mussten wir dann noch einiges organisieren und uns von vielen liebgewonnen Menschen außerhalb der Schule verabschieden. Auch sind wir ein letztes mal in unserne traditionellen Outfits in die Kirche gegangen. Diesmal aber mit einem guten Freund in die „Calvaris“. Diese Kirche war sehr jung und modern gestaltet. Es wurde Schlagzeug und Keyboard gespielt, Solo und in Gruppen gesungen und inbrünstig vom Pfarrer gepredigt. Auch wurden wir persönlich begrüßt und der Pfarrer bedankten sich mindestens fünf Minuten bei uns für unsere Arbeit und lobte den Schritt nach Lesotho zu kommen, um zu helfen. Außerdem wurde um uns ein Gebets-kreis geformt und für uns um ein gesundes und gutes Leben gebeten, sowie für uns gesungen und getanzt. Diese Kirchenerfahrung war sehr beeindruckend und wir werden sie wohl nie vergessen.

Nun haben wir Lesotho verlassen und was wir erlebt haben und mitnehmen ist schwer in Worte zu fassen.
Unser Fazit

Es war eine wundervolle und einmalige Erfahrung Lesotho so nah und echt kennenzulernen. Zu erleben was es heißt ein Basotho zu sein.

Was zu sagen bleibt ist, dass die Basotho die freundlichsten und zufriedensten Menschen sind, die wir je getroffen haben. Gerade auch die aufrichtige Dankbarkeit und Liebe, die uns die Kinder entgegen gebracht haben sind Gefühle, die wir unser ganzen Leben in uns tragen werden. Von Lesotho nach Deutschland zurück zu kommen, macht einem bewusst in welchem Luxus wir leben dürfen und was für riesen Chancen jedes Kind in Deutschland hat. Es lohnt sich jedoch in ein materiell armes Land zu gehen um dies zu erkennen, aber auch um zu merken wie reich die Welt an Kultur und Varianz ist.

Natürlich hatte auch unser Dienst wie alles im Leben Höhen und Tiefen, wundervolle und auch traurige oder zweifelnde Momente. Dennoch würden wir uns immer wieder für die Arbeit und das Leben im unbekannten aber wunderschönen Lesotho entscheiden. Für uns wird dort immer unser zweites Zuhause sein und wir werden auf jeden Fall zurückkommen.

Bedanken möchten wir uns zum Abschluss noch bei den Firmen Wandres, Testo und Halstrup Walcher , die unseren Flug finanziert haben und so unseren Aufenthalt erst möglich gemacht haben. Besonders auch bei unserem Entsenderverein „Children of Lesotho e.V“ aus Stegen, dessen Verantwortliche uns sehr unterstütz haben. Aber natürlich auch bei der Kingsgate Primary School die uns so toll aufgenommen hat. Ganz am Schluss gilt ein riesen Dank unseren Eltern und Freunden, die uns vorher aber auch in der Zeit immer wieder aufgebaut und bestärkt haben.

Vielen Dank auch euch allen für das Lesen des Blogs. Es war schön zu sehen wie viele Menschen sich für unser Projekt interessiert haben. In über 16 Ländern wurde unser Blog gelesen, was uns wieder einmal bewusst macht wie klein die Welt doch ist.

Falls Sie noch nicht genug von uns haben, laden wir Sie alle gerne zu unseren Vorträgen in St. Peter und Stegen ein. ( Termine sind voraussichtlich der 30.09.2018 um 17 Uhr in St.Peter und der 26.09.2018 um 19:30 in Stegen.)

Sala hantle Clara und Hannah

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